Leni, I am going to copy here what Mauerhoff posted meanwhile and my answer, I sincerely hope, Ivo and Frank will be of help - otherwise it will take me a few months more to translate all this:
Liebe Frau Wessendorf,
da Ihre Anfragen von allgemeiner Interesse sind, habe ich mir erlaubt eine Kopie
dieser eMail an Herrn Geiselberger für die nächste PK zu schicken.
In der Anlage sind dazu ein Bericht und 3 Abbildungen.
Nun einige Einzelantworten:
Nach England wurden vor und nach dem 2.Weltkrie exportiert, das trifft auch für
Australien zu. Mit Gläsern, mit gleichem Design, aber aus Vorkriegs und
Nachkriegs- Herstellungsperioden müssen sie immer rechnen.(Siehe dazu mein
Bericht in der Anlage)
Alle mattierten Gläser sind nicht beschichtet, sondern die Glasoberfläche wurde
matt geätzt.
Dazu sind 2 Verfahren üblich gewesen:
Das Streichverfahren und das Tauchverfahren. Da mit technischer Flußsäure
gearbeitet wurde, waren erhebliche Arbeitsschutzbestimmungen und -gesetze zu
beachten.
Nachfolgend möchte ich allgemein das Prinzip der beiden Mattätzverfahren
erläutern.
Streichverfahren:
Mit herkömmlichen Pinseln wurde eine "quarkähnliche" weiße Masse auf die zu
ätzenden Glasbereiche dick aufgestrichen. Nach einiger Zeit Einwirkung wurde der
"Quark" sehr sorgfälltig mit Wasser abgepült. Aus diesem Grund gibt es mattierte
und glatte Flächen auf dem Glasgegenstand.
Die Streichmasse war meistens ein Gemisch aus Ammoniumfluorid, Flußsäure und
Schwerspat als Füllmasse. Diese Stoffe wurden empirisch entsprechend der
Glassätze eingestellt und gemischt.
Tauchverfahren:
Der Glasgegenstand wird in eine Lösung aus Flußsäure und Fluoriden eingetaucht.
Nach einiger Zeit der Einwirkung wird das Glas in verschiedenen Wasserbädern
sorgfältig gewaschen.
Beide Verfahren wurden vor 1945 in Ottendorf-Okrilla angewendet. Im
Tauchverfahren ätzte man vorallem die Figuren für Tafelaufsätze u.ä. matt.
Aus Arbeitsschutzgründen wurde im VEB Sachsenglas nur noch im Streichverfahren
mattgeätzt, auch die Figuren. Daraus ergeben sich bestimmte
Unterscheidungsmerkmale, die ich gern im persönlichen Gepräch beantworte.
Sie müssen aber immer damit rechnen, dass auch Veredlungsbetriebe oder
Glashütten mit einer leitungsfähigen Ätzerei, Aufträge anderer Glaslieferanten
ausführten und das schon vor 1945 und auch im Ausland.
Ich habe z.B. im Beleuchtungsglaswerk Bischoswerda noch 1991 Aufträge von Werner
Sahm ( Fa.Rastal, Höhr-Grenzhausen) zum Tauchätzen von polnischem Pressglas
angenommen und ausgeführt.
Herzliche Grüße Dietrich Mauerhoff
Liebe Frau Wessendorf,
die Abbildungen der Gläser 00651 und 00811 habe ich mir noch einmal
angesehen.Bestimmt haben sich Recht, dass es sich dabei um Hellglas handelt, das
mit einer farbigen transparenten Schicht überzogen wurde. Aus den Bildern kann
ich das nicht eindeutig ersehen. Aufgefallen ist mir jedoch bei 00651 die
unterschiedliche Färbung bei Schale und Figur. Bei 00811 machte mich das
schmutzige Blau aufmerksam. Am Rand dieses Tablettes ist etwas Glas
abgeplittert. Sind diese Stellen auch eingefärbt? Was dort
aufgetragen(wahrscheinliich aufgespritzt) wurde, kann ich nicht sagen. Möglich
ist ein transparenter farbiger Lack. Das Lackieren von Hellgläsern ist groß in
Mode gekommen. Sie erinnern Sie sich bitte an den Besuch bei Glasax in
Schwepnitz.
In der Sächsischen Glasfabrik August Walther & Söhne sowie im VEB Sachsenglas
Ottendorf wurden keine Pressgläser mit farbig transparenten Stoffen überzogen.
Warum auch? Es war doch viel einfacher im Hafen das Farbglas zu schmelzen.
Nichts ist "einfacher", als ein Glas im Hafen hellblau mit Cobaltoxid
einzufärben. Vor 1945 gab es eine Abteilung Glasmalerei, die auf Pressgläser
bunte Blümchen mit Emeilfarben malte (Sortiment Mohnblume und Perlitgläser),
Biergläser mit Etiketten versah und mundgeblasene Vasen bunt dekorierte.
Die bei Ihnen vorliegenden Gläser wurden nachträglich beiarbeitet, aber gewiss
nicht vom Glashersteller in Ottendorf-Okrilla oder Radeberg.
Zu Farbunterschieden:
In Ottendorf-Okrilla wurde immer streng darauf geachtetet, dass bei zusammen
gehörigen Glasteilen ( z.B.Tafelaufsatz mit Schale und Figur) so gut wie keine
Farbunterschiede auftraten. Das gehörte einfach zur Lieferqualität! Erhalten Sie
Stücke die durch Farbverschiedenheit auffallen, so wurden diese Stücke später
zusammengestellt und die Originalität (gleicher Lieferung zum gleichen
Zeitraum) ist anzuzweifeln. Beim Farbton rose' gab es manchmal unterschiedliche
Farbschwankungen, die aber durch die nicht immer beherschbaren Redox-Redaktionen
in der Glasschmelze aufgetreten sind. Wenn die Stücke farblich nicht
zusammenpassten, wurde eben das Glas aus einer nächsten Schmelze genommen und
erst dann der Tafelaufsatz oder der Schalensatz zusammnegestellt und
ausgeliefert.
Der in 00651 abgebildete Tafelaufsatz ist demnach kein Original. Er wurde
nachträglich zusammengestellt, dass dann die Schale noch lackiert ist,
unterstreicht die Fälschung. Die ursprünglichen Teile sind natürlich originale
Einzelteile aus unterschiedlichen Herstelungsperioden.
Zu Glaslackierungen.
Etwa nach 1960 (vielleicht auch eher?) brachte die Fa. Degussa "Organische
Glasfarben" (so hieß der Handelsname) auf den Markt. Damit wurden Hellgläser
dekoriert. Die Einbrenntemperaturen waren wesentlich geringer als bei
Emailefarben. Allerdings war die Abriebfestigkeit auch deutlich geringer.
Ab 1972 erhielt der VEB Glaswerk Schwepnitz die Erlaubnis organische Glasfarben
zu impotieren, um Exportaufträge beliefern zu können. Es handelte sich dabei um
transparente Farben in den satten Tönen gelb, blau, rot, grün der Fa. Degussa.
Es wurden damit kreiförmig längliche vertiefte Stellen im Dekor der Pressgläser
eingepinselt und die Gläser danach bei 120 ° C getempert und so die Farbe
"eingebrannt". Das Hellglas bekam farbige Punkte und Stellen, entsprechend der
Mode. Der Name des Design ist mir leider entfallen. Es wurde nie Pressgläser in
dieser Zeit über die gesamte äußere oder innere Fläche lackiert.
Diese Art der Einfärbung mit Farbgebungen aller Art gab es dann erst nach 1992
in der Glasax GmbH in Schwepnitz.
Ich vermute also, dass die Ihnen vorliegennden Gläser mit einem farbig
transparenten Lack behandelt wurden und wahrscheinliih viele Jahre später, nach
dem die Gläser hergestellt waren.
Beize schließe ich aus. Bleigläser wurden erfolgreich gebeizt, Rotbeize (auf
Kupferbasis) und Gelbbeize (auf Silberbasis), die Technologie ist etwas
kompliziert ( würde für dies Mail zu umfangreich) und ist eine Veredlungstechnik
für anspruchsvolle Gläser (vielfach bei böhmischen Gläsern praktiziert)
Das Aufbringen einer transparenten Emailfarbe schließe ich auch aus, eine für
gewöhnliche Pressgläser teure Technologie, außerdem hohe Bruchgefahr . Vieleicht
machen es Fälscher bei Einzelstücken, wenn es sich preislich lohnt
Viele Grüße Dietrich Mauerhoff